Im Rückblick
betrachtet könnte man wohl sagen, diese Woche habe unserer
Selbst-Vergewisserung gedient. Wir haben den Workaway-Einsatz im Petit Thouars
abgeschlossen und uns wieder auf den Weg gemacht. Jeweils zwei Nächte am selben
Platz zu stehen, hat sich gewissermassen als unser natürlicher Rhythmus
etabliert: 2x auf dem Stellplatz in Turquant, 2x auf dem Camping municipal von
Doué-la-Fontaine und 2x auf dem Camping von Montreuil-Bellay. Das gibt
Abwechslung und gleichzeitig eine minimale Kontinuität, ausreichend Zeit zum
Blog nachführen, gemütliches Kennenlernen neuer Gegenden …. und sogar ein
Coiffeurbesuch lag drinn.
Man möchte meinen,
wir seien dauernd auf Achse. Die Verschiebungen in dieser Woche waren hingegen
sehr überschaubar: zuerst 16km von St.Germain nach Turquant, dann 27km von
Turquant nach Doué und schliesslich 18 km von Doué nach Montreuil. Nicht mal
halb so viele Kilometer, wie wenn wir jeweils von Trogen nach St.Gallen zur
Arbeit gefahren sind. Und wenn man die bisherigen Kilometer betrachtet: 1750km
seit unserer Abfahrt in Trogen am 23.März 2019, so macht dies in knapp sieben
Wochen rund 250km pro Woche. Also völlig im normalen Schnitt unserer bisherigen
Lebensweise bzw. eher noch weniger km-Leistung.
Beim Blick in die Bord-Buchhaltung ist sofort klar, dass wir mit unserem bisherigen Reisekonzept sehr günstig durchkommen. Bei CHF 1500.- in knapp sieben Wochen entspricht dies gut CHF 200.- pro Woche und somit ca. CHF 30.- pro Tag. Dass wir uns noch einige Flaschen Wein als Naturalie dazu verdient haben, ist noch nicht eingerechnet.
Am Wichtigsten
jedoch die emotionale Buchhaltung: hätten wir Striche an die Decke gemalt bei
jedem dankbaren, bestätigenden, zufriedenen Jauchzer oder Seufzer in dieser
Woche, wir hätten damit wohl schon eine ganze Jass-Tafel gefüllt. Immer wieder
kurze Momente der gegenseitigen Bestätigung: ja, wir haben es gut, es ist uns
äusserst wohl mit diesem Reisekonzept, spannend und abwechslungsreich,
überhaupt nicht langweilig, und unsere kleine eigene Höhle im
Campscout-Revolution ist uns immer wieder wohlig-warme Heimat. Die zahlreichen
zu-fälligen Begegnungen sind intensiv und herzerwärmend; und wir stellen fest,
dass unsere Kommunikation mit den Lieben zuhause nicht weniger ist wie wenn wir
eine normale Arbeitswoche absolvierten: mit WhatsApp-Mitteilungen, E-Mails,
Postcards und zeitweiligen Telefonaten bleiben wir in Kontakt. Einfach
„sauschööön“ … wie es schon im Blog von Lorenz Becker immer wieder
tönte; ich kann das nur bestätigen.
Die Besichtigungen und Begebenheiten dieser Woche sind in einzelnen thematischen Blog-Beiträgen (Rochmeunier; Champignonnière; Excursion St.Nicolas; klein aber fein; Mystère des Faluns) dokumentiert und werden deshalb hier nicht erneut erwähnt.
Der Mittwoch 8.Mai war nationaler Feiertag in Frankreich: in Erinnerung an das Ende des zweiten Weltkriegs. Gut, gibt es diese Tradition gegen das Vergessen immer noch, wenn auch zuweilen mit viel Uniform und militärischen Ehren zelebriert. In den kleineren Gemeinden scheint dies aber recht bodenständig und persönlich abzulaufen, näher an den wirklichen Sorgen und Fragen der kleinen Leute. Und es fällt uns auf, dass auch im Radio in diesen Tagen viel reflektiert wird über den – zunehmend bedrohten – Frieden in Europa und über die Notwendigkeit eines eigentlichen europäischen Friedens-Ministeriums.
Unser Highlight der Woche: am 8.Mai sind wir auf der
Strasse einem ganz besonderen Gefährt begegnet – Fahrenden der bewussten Art.
Ein Planwagen, liebevoll gezimmert und mit vielen kleinen Details ausstaffiert,
gemächlich gezogen von zwei Acker-Gäulen, begleitet von einem jungen Paar –
tanzend und singend neben dem Wagen hergehend, auf dem Kutschbock ein Mädchen
mit Wuschelkopf und dunklen Augen, Fenster mit Vorhängen und Blumenkistchen am
Fensterbrett, am Wagenende sind drei Boxen befestigt in denen je eine Henne auf
sauberem Heu sitzt und zufrieden in die Welt blickt … und gackert, zuhinterst
ein Anhänger mit Futter, Wasserfass und Veloständer. Diesem Gefährt bzw. dieser
Familie gilt der erstmals zu verleihende „europäische Preis für
nachhaltiges Reisen“ ohne Zweifel! Dass damit auch Freundlichkeit und
Friede in die Welt kommt, ist offensichtlich. Vielleicht eine
Neu-Interpretation von „Maria und Josef mit Jésuine“?