R.D.Precht’s „Utopie für die digitale Gesellschaft“

Precht, Richard David: Jäger, Hirten, Kritiker – eine Utopie für die digitale Gesellschaft, Goldmann-Verlag München, 2018

Precht unternimmt einen klugen Ausblick auf das, was kommen mag. Und er bemüht sich, der gesellschaftlichen Entwicklung und insbesondere der Digitalisierung auch gute Aspekte abzugewinnen. Er verhehlt aber nicht, dass wir kulturgeschichtlich möglicherweise (vermutlich) noch nicht reif seien für eine sinn- und massvolle Anwendung dieser neuen Technologien.
Die Lektüre dieses Buches hat meinen Skeptizismus nur noch verstärkt. Dennoch habe ich einige Passagen abgeschrieben, die mich besonders anstacheln und zum Weiterdenken anregen.
Zum Zeitpunkt der Lektüre im Januar 2020 konnte ich noch nicht ahnen, dass der fett gesetzte Satz im drittletzten Abschnitt so bald eine Entsprechung finden würde: zwei Monate später haben wir die weltweite „Corona-Krise“ und damit – hoffentlich – jenen „Punkt, an dem man zwingend hätte Halt machen müssen“.

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Die Kunst des guten Lebens (R.Dobelli)

Rolf Dobelli, Die Kunst des guten Lebens – 52 überraschende Wege zum Glück
ISBN 978-3-492-97807-1 / © Piper Verlag GmbH, München 2017

Dieses Buch – eine Kolumnen-Sammlung von Rolf Dobelli – hat mich sehr inspiriert. Es liest sich leicht, regt zu ungewohnten Perspektiven an und macht Mut, eigene Prioritäten für das Leben zu setzen. In seinen Anleihen an die Philosophiegeschichte streift es ähnliche Aspekte, wie bereits das Buch „Ich brauche nicht mehr“ von Ines Maria Eckermann. Während jenes dann nützliche und praktische Ableitungen für den persönlichen Alltag bereitstellt, geht Dobelli statt dessen in der Analyse der aktuellen gesellschaftlichen Phänomene weiter. Einige Abschnitte aus Dobellis Buch, die mich besonders angeregt haben, sind nachfolgend zitiert:

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Auf ins nächste Jahrzehnt

Glückwünsche:
Dass du dir glückst.
Dass dir das glück anderer glücke.
Dass durch dich
Ein oder zwei menschen
Besser sich glücken.
Dass das glück dich nicht blende
Für das unglück anderer.
Dass du dir glückst
Auch im unglück.
Dass eine welt werde,
wo zusammen mit dir
viele sich glücken können.
(Kurt Marti, Berner Theologe und Schriftsteller, 1921-2017)

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So geht es nicht weiter, wenn es so weitergeht.

Für diesen Ausspruch habe ich keine eindeutige Autorenschaft gefunden. Vielleicht ist es einfach so, dass sich manchmal Erkenntnisse herausbilden und gewissermassen ins allgemeine Bewusstsein drängen, weil sie einfach „reif“ sind. Wohl in diesem Sinne nimmt Christoph Pfluger den Satz auch auf in seinem Buch „Strategie der friedlichen Umwälzung – eine Antwort auf die Machtfrage“, welches diesen Oktober 2019 in der edition Zeitpunkt erschienen ist.
So geht es nicht weiter, wenn es so weitergeht. Beim Rückblick auf das zu Ende gehende Jahr und auf die gesellschaftliche Dynamiken, die sich zuweilen still und zuweilen lautstark manifestiert hatten, dämmert Vielen von uns diese Erkenntnis. In meinem mehrheitlich sozial-ökologisch orientierten Bekanntenkreis keine absolute Neuigkeit. Was mich jedoch erstaunt: Während der letzten drei Tage bin ich gleich auf drei Personen gestossen, von denen ich diesen Satz nicht in solcher Klarheit erwartet hätte.

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Chronisch fabelhaft

Ein Titel der aufhorchen lässt, der gwundrig macht, gell ….
Unter diesem Titel führt Samira Mousa ihren sehr gehaltvollen Blog von der Kategorie „unbedingt mal reinschauen, sich vertiefen, sich anregen und inspirieren lassen“. Unsere Tochter hat mich auf die zwei Bücher aufmerksam gemacht, zwei Bücher die man nicht mehr aus der Hand legen möchte bis man sie ausgelesen hat: spannend, berührend, ermutigend. „und morgen Santiago – Auf dem Jakobsweg zu mehr Zuversicht und Glück … mit multipler Sklerose“ heisst das erste Buch, „und morgen die Welt – wie ich einen Schicksalsschlag in das grösste Abenteuer meines Lebens verwandelte“ das zweite Buch. Nun erschliesst sich auch, weshalb von „chronisch“ die Rede ist: die junge Berlinerin Samira Mousa wurde 2013 im Alter von dreiundzwanzig Jahren mit der Diagnose MS konfrontiert. Sie schreibt mit lockerer Feder gegen diese Krankheit an oder vielmehr … sie erzählt mit ehrlicher und positiver Energie, wie sie gerade durch diese chronische Krankheit zu ihren Ressourcen gefunden hat. Heute verbindet sie ihr Talent zum Schreiben und ihren Hang zum Unkonventionellen mit ihrer Entdeckungsfreude und ihrer Lust zu einem nomadischen Lebensstil.

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Süditalien 2019 – Wochenbericht 5

Borgo Piazza – zu Deutsch heisst dies eigentlich „Dorfplatz“. Hier in Kalabrien ist das ein vielfältiges Anwesen mit einem grosszügigen und ansprechenden Agriturismo-Beherbergungsbetrieb. Das ist aber auch ein 44-Hektaren-Grossgrundbesitz auf sanft geschwungenem hügeligem Gelände, das sind weitläufige Olivenbaum-Anlagen, Mandarinen- und Orangenplantagen, Hänge mit Mandelbäumen, Weingärten, Weiher als Wasserspeicher, Pferdeweiden und Gemüsegarten. Ein äusserst initiativer Unternehmer und Patriarch hat dieses Anwesen aufgebaut und geprägt, bevor er 84-jährig mit einem kleinen Bagger auf seinem Gelände tödlich verunfallte.

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Wissenswertes und Nachdenkliches zur Olivenproduktion in Europa

Hochachtung gebührt den coltivatori della domenica
Im locker-informativen Lesebuch von Dorothea Löcker (Lesereise Kulinarium Italien, Oliven, Wein und jede Menge Pasta, Picus-Verlag Wien, 2011) schlage ich das Kapitel „Oliven und Meer – die wichtigste Jahreszeit an der ligurischen Küste“ auf. Nebst landwirtschaftlichen, gastronomischen und kulturellen Informationen sind hier auch kritische Perspektiven auf die EU-Landwirtschaftspolitik herauszulesen. Tatsächlich wird die Differenz zwischen einem rational-technokratischen bzw. bürokratischen Effizienz-Denken einerseits und der naturgegeben arbeitsintensiven Olivenproduktion anderseits besonders drastisch sichtbar. Leidenschaftliche ligurische Olivenöl-Produzenten beklagen die mangelnde politische Unterstützung des Olivenanbaus, die bürokratischen Hürden und die ausbleibende Wertschätzung dieser Jahrhunderte alten Kultur.

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Zum Beispiel Adrano

Adrano ist eine eine gut 36’000 Einwohner zählende Stadt an der Südwestflanke des Aetna. Zusammen mit 8 weiteren Gemeinden hat sie Anteil an der Spitze des Aetna – in radialer Anordnung wie ein Tortenstück. Am Ufer des Simeto, eines in das Vulkangestein eingegrabenen Flusses, zeugt die Ponte dei Saraceni von der frühen Besiedelung dieser äusserst fruchtbaren Gegend. Jedoch sind schon Griechen und Römer vorausgegangen … und die Sarazenen ihrerseits seien im 11.Jahrhundert in ganz Süditalien durch die Normannen (daher das hiesige Castello Normanno) verdrängt worden. Später folgten die Kirchen und Klöster; der grosszügige und harmonische Bau des Monastero e della Chiesa Santa Lucia, deren Fassade in Lavastein und Marmor eine lichte Wirkung erzielt, dominiert die Stadt-Ansicht. Solche und weitere Auskünfte erhielten wir von Cavaliere Nicolo Moschitta, dem Präsidenten der örtlichen Tourismusvereinigung Pro Loco Adrano, nachdem wir dieses unscheinbare Büro überhaupt erst erspäht hatten.

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