Eine sehr weitläufige Kälberweide am Fusse der Schesaplana, auf 1800 müM. Schon die Fahrt hierher ist äusserst spektakulär, wohl 20 km endlos bergauf sich windende Naturstrasse. Eine Galerie und eine Pfeilerbrücke überwinden steile Flanken sowie einen spektakulären Rutsch-Hang. Die Wolken und Nebelschwaden verhüllen die Szenerie. Die nachfolgenden drei Tage mit Starkregen und Kälte erhalten das Geheimnis aufrecht.
Kälber gezählt und Zäune gespannt wird trotzdem. Steile Weiden, zaghafter Ansatz zum Bergfrühling, erhabene Stille. Am fünften Tag dann lüftet sich der Vorhang: ein strahlender Föhntag, eine wuchtige Felskulisse, stahlblauer Himmel, die ersten Alpenrosen, Trollblumen und Enzian sowieso. Rehe in der Ferne – und ein Birkhun lässt sich aufschrecken. Der Kuckuck ruft und überhaupt ist die Luft voller Vogelgezwitscher. Die Herden-Glocken tönen von der Kuhalp herüber. Nach jedem Regen scheint die Sonne … Alpen-Idylle pur.
Auch Wasser wird zum edlen Tropfen, mischt man es mit Malz und Hopfen! (dt. Sprichwort)
La Quarantaine – während des Lockdowns entstanden
Coviv-20: das (r)evolutionäre Virus
Ja, während der letzten Wochen trieben mich viele Gedanken um:
– die tiefsitzende Skepsis gegenüber einer Systemlogik, die von Machbarkeitswahn und neoliberaler Profitgier geprägt ist
– eine ebenso tiefe Dankbarkeit gegenüber dem „Bundesrat“ (oder wohl eher gegenüber dem Virus), der den „Mut“ (oder wohl eher die Angst) hatte, einen Lockdown zu verfügen
– eine unbändige Hoffnung, dass diese Lockdown-Phase so lange anhalten möge, bis der längst überfällige Wandel (hin zu einer sozialverträglichen und nachhaltigen Wirtschaftsweise) sicht- und hörbar in Gang gekommen ist.
Unsere 3.Reise-Schlaufe nimmt eine unerwartete Richtung
Am 8.Dezember 2019 sind wir nach Hause zurückgekehrt. Die zweite Reiseschlaufe nach Sizilien und Kalabrien ist zu Ende. Nun haben wir bis Ende April 2020 Zeit, die Eindrücke zu verarbeiten, unsere Freunde und lieben Menschen in der Schweiz zu treffen, Besuchende zu empfangen … und unser erstes Enkelkind zu begrüssen.
Im Dezember und Januar geniessen wir die vielen Besuche, das gut geheizte Haus, die Betätigungsmöglichkeiten in der Werkstatt und die vertraute Umgebung. Im Februar dann machte sich bei mir die Unruhe und der Tatendrang bemerkbar: jetzt wäre eigentlich wieder Zeit für die nächste Reise-Schlaufe, Zeit erneut auf die Reise zu gehen.
Gegen Ende Februar ist schon ziemlich greifbar, was bis dahin bloss eine Nachrichten-Meldung aus China war: der Corona-Virus. Dieser wird schliesslich zur Pandemie erklärt und reihenweise gehen die Grenzen zu. Es erreichen uns dramatische Meldungen aus Norditalien; die für die Woche nach Ostern geplante Kanutour auf dem unteren Ticino (von Oleggio bis Pavia) müssen Gernot, Hans und ich schweren Herzens absagen.
„Unsere 3.Reise-Schlaufe nimmt eine unerwartete Richtung“ weiterlesenWenn Du nochmals zur Welt kommen würdest …
Ruedi und Monica waren unser letzter Besuch vor der Corona-Krise. Ein genussvolles, fröhliches und spielerisches Wochenende, jedenfalls zumeist. In unseren Gesprächen kamen wir natürlich auch immer wieder auf die Ungewissheit zu sprechen, was wohl noch auf uns und die Welt zukommen mag. Tags darauf die bundesrätliche Verschärfung der Massnahmen, die letzte Stufe vor der Ausgangssperre.
Meine Gedanken drehen sich oft um die kritische Sicht auf unsere gesellschaftliche Entwicklung – und dass die „Grenzen des Wachstums“ demnächst erreicht sind. Monikas unvermittelte Frage „wenn Du nochmals zur Welt kommen würdest, welchen Beruf würdest Du wählen?“ liess mich innehalten und nachdenken.
„Wenn Du nochmals zur Welt kommen würdest …“ weiterlesenEnergie sparen
Ist das nicht praktisch – und entlastend? Jedes Mal, bevor ich den Laptop abstelle und mich vom Schreibtisch erhebe, bietet sich mir die Gelegenheit zum „Energie sparen“. Das Hauptmenu gibt mir die Wahl zwischen „Herunterfahren“, „Energie sparen“ und „Neu starten“. Wie wunderbar: wenn ich aufhöre zu arbeiten, spare ich gleichzeitig Energie – meine Energie. Ich erhalte Gelegenheit neu zu schöpfen, mich anderem zuzuwenden, Ausgleich zu finden.
Ich hätte auch „Herunterfahren“ wählen können: dies spart erst Recht Energie, die elektrische wie auch meine persönliche. Abschalten, zur Ruhe kommen – auf dass ich zur gegebenen Zeit wieder „Neu starten“ kann.
Sowas Ähnliches scheinen wir derzeit als ganze Weltgemeinschaft zu erleben: der „Corona-Virus“ unterbricht die wahnwitzige Betriebsamkeit im Hamsterrad. Es liegt an jeder/jedem Einzelnen von uns zu entscheiden, ob sie/er jetzt die Funktion „Energie sparen“ oder „Herunterfahren“ wählen will; zum „Neu starten“ ist es jedenfalls noch zu früh.
„Energie sparen“ weiterlesenIrgendwie heilig
Am 14.Januar 2020 kam PAUL – unser erstes Grosskind – zur Welt. Ein einziges Geschenk, lange ersehnt und erwartet.
Bei mir mischt sich die riesengrosse FREUDE und DANKBARKEIT zuweilen aber auch mit SORGE: in welche Welt ist er derzeit gestellt? – ein Desaster. Welche Lebensbedingungen erwarten ihn? – eine Zumutung. Nur gut, dass der kleine PAUL noch keine Vergleiche anstellt, nicht wertet und nicht hadert. Blosses SEIN.
Sechs Wochen später liege ich neben PAUL’s Wickelmatte am Boden, geniesse den Anblick und die Zeitlosigkeit. Ich betrachte sein glückseliges Strampeln, seine Lust an der Bewegung – und erhasche den ersten Augen-Blick: „Ja Paul, beim Blick in Deine 42-Tage-alten Augen war mir heute, als würden wir uns schon ewig kennen“.
„Irgendwie heilig“ weiterlesenDie Kraft der kollektiven Weisheit
Mein Interesse für die Themen Nachhaltigkeit, Sharing Community, Ökologie etc. brachte mich Anfang 2020 in Kontakt mit dem ostschweizerischen Ökodorf Herzfeld Sennrüti. Hier begleite ich junge Menschen aus Russland, Türkei und Albanien als externer Mentor während ihres Einsatzes im Rahmen des europäischen Freiwilligenjahres EVS. Eine hervorragende Gelegenheit, um auch gemeinschaftlich-ökologische Projekte „vor der eigenen Haustür“ kennenzulernen.
Und darüber stosse ich denn schnell auf weitere interessante Informationen:
Kosha A.Joubert / Leila Dregger, Ökodorfer weltweit – lokale Lösungen für globale Probleme, Verlag Neue Erde, 2015
Das Buch portraitiert zahlreiche eindrückliche Ökodorf-Gemeinschaften auf allen Kontinenten. Die ehrlichen und offenen Interviews geben Einblick in die Entstehungswege, in Stärken und Schwächen, „Fehler“ und Erfolge.
Der Eurotopia-Versand vertreibt Literatur rund um die Ökodorf-Gemeinschaften, so etwa:
Eurotopia – Verzeichnis von Ökodörfern + Gemeinschaften in Europa (Michael Würfel Hrsg)
Michael Würfel, Dorf ohne Kirche – die ganz grosse Führung durch das Ökodorf Sieben Linden (locker verfasstes und leicht lesbares Portrait über das Alltagsleben im Ökodorf)
Schliesslich stosse ich auf das Buch von Kosha Anja Joubert, Die Kraft der kollektiven Weisheit – wie wir gemeinsam schaffen, was einer allein nicht kann, Kamphausen Verlag Bielefeld, 2009/2010. Dieses schlägt einen grossen Bogen über die gedanklichen, erkenntnistheoretischen und philosophischen Grundlagen, von Systemtheorie über Konstruktivismus und Spiraldynamik bis zu Wahrnehmung und Kommunikation. Das Buch stellt aber auch eine Fülle praktischer Methoden zusammen, welcher sich viele der gemeinschaftlich konzipierten Projekte bedienen. Eine Fundgrube anregender Impulse und Metaphern zum Weiterdenken.
Die Welle schläft im Ozean. „Das Potenzial zur Form und Sichtbarkeit liegt schlummernd im Unsichtbaren, die Welle schläft im Ozean. Der Quantenphysiker David Bohm (1917-1992) beschreibt in seinem Buch „Die implizite Ordnung. Grundlagen eines dynamischen Holismus“ die immanente Ordnung als Feld, in dem die sichtbare Welt „eingefaltet“ ist, bevor sie sich ausdrückt. Die Entfaltung in die Form kommt einem Aufblühen aus der impliziten Ordnung in die explizite Ordnung gleich. So kann ein Same als ein Tor gesehen werden, durch welches das Implizite, das Verborgene, ins Explizite strömt.“ (S.31)
„Im Moment scheint es hilfreich, mit Begrifflichkeiten wie Feld und System, Gemeinschaft und Kollektiv zu spielen. Wir können uns auf unserer Forschungsreise hin zu mehr Verbundenheit und Kooperationsbereitschaft an Analogien versuchen, fraktale Musterbildung in kollektiven Strukturen erkennen und unser Bewusstsein für die impliziten Aspekte unserer sozialen Realitäten schulen. In Wirklichkeit ist die Realität ganz anders.“ (S.33)
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Weiterführende Links:
GEN-Suisse / Schweizer Zweig des Global Ecovillage Network
GEN-Europe / Europäische Plattform des Global Ecovillage Network
ecovillage.org / Global Ecovillage Network – Catalyzing Communities for a Regenerative World
GAIA Education / die Bildungs-Plattform des Global Ecovillage Network
Ökodörfer – Lokale Lösungen für globale Probleme
Kosha Anja Joubert, Leila Dregger, Ökodörfer weltweit – Lokale Lösungen für globale Probleme, Verlag Neue Erde 2015
Im Januar 2020 habe ich mich in die Lektüre diesen wunderbar inspirierenden und Hoffnung stiftenden Buches vertieft, bin vielen Internetlinks gefolgt, habe zahlreiche Websites von Ökodörfern im deutschsprachigen Raum besucht und berührende Film-Ausschnitte gesehen. Es stimmt mich sehr zuversichtlich, dass solche Projekte, die in den Nach-68er-Jahren lange Zeit als utopische und zwielichtige Kommunen beargwöhnt wurden, sich mittlerweile zu sehr fundierten, ausgereiften und nachhaltigen Lebenskonzepten entwickelt haben.
„Ökodörfer – Lokale Lösungen für globale Probleme“ weiterlesen