
Eigentlich wollten wir jetzt, im April und Mai 2021, Deutschland erkunden. Die Pandemie verweist auch uns stattdessen auf die Schönheiten des eigenen Landes. Und tatsächlich, hier lassen sich noch viele Kleinode entdecken. Einige Tage auf dem grosszügigen Camping Les Pêches, unmittelbar bei Le Landeron, dem Landstädtchen mit Charme am Westende des Bielersees. Die ringförmige Anordung der Altstadt-Häuser erzeugt den einzigartigen Städtli-Raum, der für die Brocante diese unverwechselbare Kulisse bietet; schon zu Studienzeiten eines meiner Lieblingziele mit der „Lambretta“.
Heute erkunde ich die Gegend mit dem Fahrrad, entlang des Zihlkanals – und entdecke einmal mehr ungeahnt schöne Winkel. Und draussen am Damm des Zihlkanals am östlichen Ende des Neuenburgersees: das Naturistengelände „die neue zeit“, direkt am idyllischen Naturschutzgebiet Fanel .
Das Gelände der „neuen Zeit“ ist nur Mitgliedern der Naturistenvereinigungen zugänglich. Meinem Halbwissen und den paar polemisierenden Presseberichten der letzten Jahre möchte ich bei dieser Gelegenheit auf den Grund gehen – und stosse dank Internet auf sehr interessante Informationen zur Lebensreformbewegung und zu deren Gründer und Impulsgeber Werner Zimmermann (hier in einem persönlich geprägten Portrait von Roland Schutzbach, und hier auf Wikipedia). Ich entdecke die Geschichte des Reformnaturismus und stosse auf zahlreiche mir bekannte Querbezüge, wie etwa zur Freiwirtschaftslehre von Silvio Gesell, zur WIR-Bank, zu Mahatma Ghandi und Rabindranath Tagore, ja gar zum Fluss- und Kanuwandern in der Schweiz. Mir will geradezu scheinen, dass die heute virulenten Themen wie ökologisches Verantwortungsbewusstsein, Angstfreiheit, Nachhaltigkeit, Respekt, Naturbewusstsein etc. hier ihre frühen Vorläufer hatten.
Die philosophische und spirituelle Tiefe, die liebevolle Gestaltung des Geländes sowie die bewusste Bemühung um ökologische Umsetzung, wie sie aus der Website des Naturistengeländes „die neue Zeit“ spricht, beeindruckt mich sehr. Sogar eine Planstudie zu möglichst naturnahen und mobilen Modell-Bauten für das Clubgelände – heute würde man von Tiny-Häuschen sprechen – ist in diesem Fundus zugänglich.
Ich war in mehreren Blogbeiträgen des letzten Jahres der Ökodorf-Bewegung, dem Global-Ecovillage-Network GEN und anderen Transition-Projekten auf der Spur. Hier finde ich ein weitgehend kompatibles und ergänzendes Gedankengut: hoffnungsvoll stimmende Vorboten einer „neuen Zeit“. A suivre.