Woche 12 / 10. – 16.Juni

Am Pfingstsonntag verabschiedeten wir uns im Caillou Blanc. Der Weg führte uns via Pleyben (mit seinem berühmten “ enclos paroissial“, der Einheit von Kirche, Triumphtor, Beinhaus und „calvaire“) nach Huelgoat. Mitten im „Parc régional de l’armorique“ und inmitten einer riesigen urtümlichen Wald-Landschaft liegt dieser Ort an einem idyllischen Waldsee. Unser Besuch hier ist allerdings von grauen Wolken und heftigen Regengüssen geprägt. Für uns wird plastisch nachvollziehbar, weshalb die Bretagne eine derart grüne Landschaft ist …. Die geradezu mystisch anmutende Felsen-Schlucht bei Huelgoat konnten wir in einer Regenpause durchwandern. Eindücklich.

Die Nacht verbrachten wir dann bereits an der Côte du granit rose, zwar einige Kilometer hinter der Küste beim Stellplatz des Parc Randôme, dafür mit einem überraschenden Konzert gleich nebenan.

Tags darauf die Küstenwanderung im Vogelschutzgebiet der Ile Grande; der Zugang zu dieser im vorderen Teil recht dicht besiedelten Insel ist in der Regel über eine Furt möglich, bei Flut und hohem Gezeiten-Koeffizienten ist die Zufahrt dann jedoch stundenweise überflutet. Natürliche Verkehrs-Regulation.

Am diesem Pfingstmontag wage ich mich – bei herrlich dramatischem Wolken-Szenario und kühlem Wind – zum zweiten Mal ins Meer, an der Plage de la Grève Blanche bei Trécastel. Bei 16 Grad lässt es sich schon angenehm schwimmen. Da die Wetterprognose schlecht ist, steuern wir den Campingplatz „les 7 îles“ in Port l’Epine an. Direkt am Meer mit Blick nach Westen „vertäuen“ wir uns in Erwartung des angesagten Sturms. Dieser kommt zuverlässig, zerrt und schaukelt an unserem Bus während der Nacht … und gewährt uns anschliessend einen ausgiebigen Regentag mit Zeit zum Whatsappen und Blog nachführen. Im späten Dienstag-Nachmittag wagen wir dann den Aufbruch …. und siehe da, auch der Himmel reisst auf. An der „Bilderbuch-Küste“ der Pointe du Château bei Le Gouffre ergibt sich ein wunderschöner Strand-Spaziergang in malerischer Landschaft; wieder ein Stück auf dem Sentier des douaniers. Der Stellplatz am Bois du poète in Tréguier bietet uns eine ideale Übernachtungsmöglichkeit, direkt am Fluss der hier noch deutlich vom Gezeitenstand geprägt ist. Das Städtchen Tréguier nimmt uns sofort „den Aermel rein“: das sehr schöne und kompakte Gesicht der Stadt, etwa bei Kathedrale und Marktplatz, das warme abendliche Sonnenlicht, bezaubernd. Es sind aber auch die zahlreichen originellen und unkonventionellen Dekors und Kulturplakate, Zeichen und Sprüche, die bei uns den Eindruck einer quirligen Stadt mit vielen kreativen Menschen hinterlassen.

Der Mittwoch beginnt wieder mit Regen; somit verzichten wir auf den Marktbesuch und fahren gleich ein grosses Stück weiter nach Osten: Mittagshalt mit Muschel-Essen in Binic. In Dol-de-Bretagne eine Ruhepause mit Besuch der Kathedrale und des Museums: das Cathédraloscope hat den Anspruch, mit modernen Mitteln darzustellen, unter welchen Bedingungen die Kathedralen seinerzeit erbaut worden sind. Nun, die Werbung hat meines Erachtens mehr versprochen als geboten wurde: das Museum hat mir nicht besondere Neuigkeiten erschlossen. Aufschlussreich war allerdings der mehrfache Hinweis, dass die Kathedralbbauten meist Kollabborationsprojekte weltlicher und kirchlicher Mächte waren, und dass die Zünfte die damaligen MEGA-Projekte wohl auch als willkommene Arbeitsbeschaffung sahen. Das 12. und 13.Jahrhundert wird in diesem Kontext als prosperierendes und *reiches“ Zeitalter dargestellt.

So eingestimmt übernachten wir auf dem sympathischen Stellplatz La Bidonnière in Ardevon, mit direktem Blick auf den Mont St.Michel. Den ganzen Donnerstag verbringen wir sodann um und auf diesem eindrücklichen Klosterberg. Wenn auch touristisch übersteuert, so bleibt die einmalige Lage und die bauliche Geschiche dieses Ortes doch einzigartig. Wir lassen uns viel Zeit, die Atmosphäre zu erfahren und nehmen mittags am Gottesdienst teil: eine kleine aktive Gemeinschaft von Nonnen und Mönchen belebt das Kloster des Mont St.Michel wieder. Eindrücklich auch das Spiel der Gezeiten um diesen Hügel und die endlose Weite des Strandes bei Ebbe. Abends ziehen wir weiter an die gegenüberliegende Küste, wo uns Park4night einen wunderschön einsamen Stellplatz in den Dünen von Génets empfahl, mit direktem Blick auf den Mont St.Michel und endlich auch mit einer sonniger Morgenstimmung.

Freitags die Weiterfahrt nach Bayeux, wo Renata die weltberühmte gestickte Tapisserie besichtigt; auf einem 70 Meter langen Band ist die Eroberung Englands durch Wilhelm den Eroberer dargestellt. Anschliessend erreichen wir den eindrücklich gelegenen Natur-Stellplatz direkt über der Steilküste in Longues-sur-mer. Schon sonderbar, dass die Eroberungs- und Kampf-Geschichten an dieser Küste derart präsent sind; es ist wohl dem aktuellen Jubiläumsjahr des Débarquement zuzuschreiben, dass die Bunker-Anlagen aus dem zweiten Weltkrieg derzeit so stark besucht werden.

Am Samstag dann die grosse Etappe an die Aermelkanalküste bei Ambleteuse, wo wir auf einem Pferdezuchthof einen idyllischen Stellplatz mit herrlicher Sicht auf Meer und Dünen vorfinden. Die „dunes de la slack“ bieten herrliche Spaziergänge und lassen nachvollziehen, wie fragil die Vegetation hier ist. Etwas wehmütig verlassen wir am Sonntagnachmittag diesen schönen Platz. Die Fahrt entlang der normannischen Opal-Küste und zum Cap du Nez Gris bezaubert uns erneut und lässt erstmals die Lust aufsteigen, später auch mal die Küsten Englands und Irlands zu besuchen; zumal wir hier, an der engsten Stelle des Aermelkanals die Felsen der englischen Küste schwach erkennen können. Anschliessend geht es in flotter Fahrt weiter nach Belgien, wo uns am Montag unser nächster Workaway-Einsatz erwartet.

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